Jeder Künstler, Kunstfreund und Fotograf kennt das: Zuhause sammeln sich die Reproduktionen und Originalwerke in Mappen und auf Festplatten an. Dann wird es Zeit, die schönen Werke ein zweites Mal zur Welt zu bringen - nämlich an die Wand. Dafür gibt es uralte künstlerische Regeln: die Hängungen. Es ist gut, sie zu kennen, denn sie dienen der Bestpräsentation Ihrer Bilder.

Hängungen helfen bei der Bildpräsentation

Ein Haus ohne Bilder hat keine Seele. Ein Haus mit schlecht aufgehängten Bildern auch nicht. Ein Bild, das Licht braucht und in der dunkelsten Ecke hängt, ein Foto, dessen Farben vor einer wild gemusterten Tapete untergehen - hier waren Farbblinde oder Empfindungslose am Werk. Natürlich ist das leicht gesagt: Wenn Sie umgeben von Ihren gerahmten und ungerahmten Werken mit Hammer, Nägeln und Wasserwaage in Ihrem Wohnzimmer stehen, kann Sie manchmal der Mut verlassen. Aber es gibt Hilfe: die Hängungen. Museen und berühmte Sammlungen haben Prinzipien der Bilderaufhängung entwickelt, an denen Sie sich orientieren können.

Petersburger Hängung: Das organische Wachstum

Petersburger Hängung in der Eremitage (Eduard Hau, 1860)Petersburger Hängung in der Eremitage (Eduard Hau, 1860)

Die Eremitage von St. Petersburg hatte ein Problem. In den Schatzkammern häuften sich aufwändig gerahmte, berühmte Originalkunstwerke. Vielleicht ist das ein beneidenswerter Zustand, aber die Kunstfreunde mussten sich entscheiden, was in den Keller kommt und was an die Wand. Ihre geniale Lösung: sie hängten alles an die Wand. Die Petersburger Hängung steht für eine leicht chaotische Präsentation unterschiedlicher Formate in uneinheitlichen Abständen - wändebedeckend. Wenn Sie viel Material haben, das biologische Gewimmel lieben und Ihre Bilderwand wie ein Gesamtkunstwerk wachsen lassen möchten, sind Sie in Petersburg richtig. Ein Tipp: Schaffen Sie innerhalb des Chaoswirbels ruhende Inseln, indem Sie Werke gleicher Thematik/Ausführung/Rahmung zusammenhängen.

Inside-the-Lines: Geometrisches Chaos

Das Petersburger Bildermeer ist beeindruckend - aber mancher fühlt sich von seinem steigenden Meeresspiegel beunruhigt. Vielleicht gefällt Ihnen die Hängung 'Inside-the-Lines'? Das ist ein modernes Präsentationsprinzip. Sie legen auf Ihrer Wand eine geometrische Fläche fest. Das kann ein hochkant gestelltes Rechteck sein, ein Dreieck oder eine andere Form. Innerhalb dieser Fläche lassen Sie Ihrem Spieltrieb freien Lauf: Alles bunt gemischt, wie in Petersburg. Ein roter Faden beruhigt bei dieser Hängung das Auge. Vielleicht setzen Sie Ihr Lieblingsbild ins Zentrum, schaffen thematische Inseln oder führen das Auge durch Linien ähnlicher Rahmungen.

Kantenhängung: Die Richtschnur fürs Auge

Kreativität innerhalb einer festen Ordnung: Das ist das Prinzip der Kantenhängung. Sie legen auf Ihrer Wand eine horizontale Linie fest: Eine Oberkante oder eine Unterkante oder zwei Mittellinien. Am besten kleben Sie diese Orientierungslinien mit Malerband ab. Jetzt dürfen Sie Bildformate nach Herzenslust mischen. Das Malerband gibt Ihr Ordnungsprinzip vor: Lassen Sie Ihre Bilderfülle von der Oberkante beliebig nach unten wachsen; oder von der Unterkante nach oben streben; oder von der oberen Mittellinie nach oben und von der unteren nach unten. Das ist die Ordnung im Chaos und eine beruhigende Orientierungsbahn fürs Auge. Für diese Hängungsart werden dezent-zurückhaltende Rahmen empfohlen.

Reihenhängung: Hier ruht das Auge

Reihenhängung
 
Sie lieben die Akkuratesse? Sie wollen mit Ihren Wandbildern die Geradlinigkeit und Aufgeräumtheit Ihres Interieurs widerspiegeln? - Dann empfiehlt sich für Sie die Reihenhängung. Aber auch diese aufgeräumte Präsentationsform hat ihre Abstufungen. In ihrer reinsten Form wählen Sie gleiche Bildformate in gleichen Rahmen aus und hängen Sie im gleichen Abstand auf eine horizontale oder vertikale Linie. Eine Variante wäre, unterschiedliche Formate an einer Ober- oder Unterkante auszurichten. Die gedachte Linie kann auch mittig horizontal oder mittig vertikal durch die Bildformate laufen. Reihenhängungen strahlen Ruhe aus und laden zu einem gelassen-intensiven Betrachten ein. Handwerklich müssen sie gut vorbereitet werden, denn ein schiefes Bild innerhalb der Hängung zerstört die Ästhetik. Kleben Sie die Richtlinien mit Malerband ab. Messen Sie akribisch aus und zeichnen Sie alle Befestigungspunkte vor.

Solisten-Hängung: Kunst im Mittelpunkt

Nur die besten Musiker werden Solisten. Das gilt auch für Bilder. Ein einzeln aufgehängtes Bild, an die richtige Stelle platziert, kann eine ungemeine Sogwirkung entfalten. Die Einzelhängung macht wenig Mühe, denn Sie bringen nur ein einziges Werk an. Andererseits: Die Einzelhängung macht viel Mühe, wenn Sie überlegen, welches Bild/Foto in welchem Rahmen an welchem Ort die beste Wahl ist. Besonders gut wirkt der Solist beispielsweise mittig übers Sofa oder ein breites Sideboard gehängt. Schön ist es, wenn die Farben des Werkes mit der Umgebung und der Wand korrespondieren - oder kontrastieren. Eine interessante Spielart des Solisten ist das Triptychon: Ein über drei Formate verteiltes Bild.